“Mama, mir schmeckt´s nicht!”

Diesen Satz höre ich zur Zeit öfter. Öfter als sonst. Sogar bei Gerichten, die den Kindern ansonsten schmecken oder zumindest von ihnen akzeptiert werden. Es scheint, als ob die aktuellen Einschränkungen durch die Corona-Krise und das damit verbundene völlig auf den Kopf gestellte Leben meine Töchter so an ihre emotionalen Belastungsgrenzen bringen, dass beim Essen kein großer Spielraum mehr bleibt.

Irgendwie verständlich. Blöd nur, dass es mir genauso geht, schließlich bin meist ich diejenige, die sich trotz des ganzen Stress mit Homeschooling, Kleinkindbespaßung und Haushalt noch an den Herd stellt und ein warmes Essen aus dem Hut zaubert. Und deshalb fällt es mir momentan etwas schwerer daran zu glauben, dass die Kinder ihrer intuitiven Körperintelligenz folgen. Wo es doch erst letzte Woche noch so gut geschmeckt hat….. Kann ja eigentlich nicht sein, oder?

Darüber habe ich in den letzten Tagen vermehrt nachgedacht. Kann es wirklich sein, dass Gerichte, die vor Corona klaglos gegessen wurden, jetzt ein totales No-go sind? Dass ansonsten “so mittelbeliebte” Speisen bei Tisch angestarrt werden, als wäre es ein in der Pfanne gebratenes Furzkissen? Ich denke schon. Und zwar aus mehreren Gründen:

  • Der Tagesablauf ist anders. Die Kinder bewegen sich weniger, der Radius ist eingeschränkt, die Essenszeiten nicht ganz wie sonst. Irgendwie logisch, dass sich da auch der Bedarf ändert – auch mein Hunger ist zur Zeit oft nicht ganz so groß. Und mein typisches Hungerloch am Nachmittag – das sich normalerweise zuverlässig einstellt – habe ich seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen auch nicht mehr gehabt.
  • Im Leben der Kinder entzieht sich jetzt noch viel mehr als sonst ihrer Kontrolle. Sie können keine Freunde treffen, ihre Spielorte nicht frei wählen, sie sind immer zu Hause, immer mit den gleichen Menschen, ob sie wollen oder nicht. Da bleibt das Essen als einer der wenigen Bereiche, über die die Kinder zumindest teilweise selbst bestimmen können.
  • Stress kann sich nachweislich auf den Appetit auswirken. Kennen wir alle. Ob aus Aufregung vor einem wichtigen Gespräch, aus Ärger über den Chef, aus Angst – jedem von uns ist wohl schon mal etwas “auf den Magen geschlagen”. Die aktuelle Situation ist in gewisser Weise Dauerstress – vor allem für die Eltern, doch das bekommen Kinder oft unbewusst mit.

Diese Überlegungen haben mir geholfen, wieder entspannter mit dem Essverhalten meiner drei Mädels umzugehen. Eine Alternativoption gibt es bei uns ohnehin immer – in Form von Resten vom Vortag, belegten Broten oder Müsli. Dass diese Optionen zur Zeit ein bisschen öfter gewählt werden als sonst, kann ich verschmerzen. Vermutlich wird es auch wieder anders werden, wenn sich alles nach und nach wieder normalisiert.

Und dass der Körper auch in der Krise prima weiß, was er braucht, hat mir unsere mittelgroße Maus kürzlich demonstriert: nachdem sie schon etliche Mahlzeiten entweder Brot oder Joghurt gegessen hatte, schob sie nachmittags den ansonsten heiß geliebten Rhabarberkuchen von sich, meinte: “Das ist mir viel zu süß. Ich brauche was knackiges!” – und holte sich stattdessen einen Apfel.

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