Käse – der Stoff, aus dem die Träume sind

Auf den Tag genau drei Wochen habe ich heute schon geschafft. Drei Wochen ohne tierische Produkte. Die anfängliche Euphorie war zwischendurch einem ziemlichen Stimmungstief gewichen, aus verschiedenen Gründen:

  1. Irgendwie hatte ich gefühlt immer Hunger. Immer. Egal, was ich gegessen und wie voll ich mich am Ende der Mahlzeit auch gefühlt habe – nach spätestens zwei Stunden musste wieder was her. Ganz normal, laut Veganuary. Und geht vorbei, sagt Veganuary. Trotzdem nervig.
  2. Nach den guten Erfahrungen der ersten Woche im “Veganisieren” unserer Standardgerichte ging mir in der zweiten Woche leider die Phantasie aus. Und so lief es immer öfter auf doppeltes Kochen hinaus, um etwas für meine karnivoren (fleischfressenden) Mäusekinder, den besten Mäusevater der Welt und auch mich auf den Tisch zu bringen. Gleichzeitig ging das Homeschooling in eine neue Runde und die Zeit zum Kochen war ohnehin knapp bemessen. Sehr nervig.
  3. Nach etwas über einer Woche fing ich an, einzelne Lebensmittel zu vermissen. ABER: nicht – wie ich gedacht hatte – Fleisch, Fisch oder die Milch im Kaffee. Nicht das Frühstücksei am Sonntag. Auch nicht die vielen Süßigkeiten, die Milch oder Gelatine enthalten. Sondern ganz lapidar: Käse. Käse war vorher bei mir täglich mehrmals auf dem Speiseplan zu finden. Käsebrot zum Frühstück, Feta oder Mozzarella im Salat, abends gerne etwas mit Käsesoße oder mit Käse überbacken. Am Ende der zweiten Woche lag ich abends im Bett und sehnte mich mit jeder Faser meines Körpers nach Käse. Ich konnte ihn förmlich riechen und schmecken. Die ersten veganen Käse-Alternativen, die ich probierte, waren einfach nur grauenvoll. Und ich fragte mich ärgerlich, wie vegane Ernährung denn mit intuitivem Essen zusammen gehen könnte, wenn man nicht essen kann, wonach einem ist. Sehr, sehr, sehr nervig.

Und dann – wurde es besser. Ich war nicht mehr so oft hungrig, sondern im Gegenteil ziemlich lange satt. Ich schaffte es, beim Kochen besser zu planen, sodass ich meistens einen Rest Reis, Nudeln, Dinkel etc im Kühlschrank hatte, aus dem ich mir schnell mit Gemüse einen Salat zaubern konnte, wenn ich für den Rest der Familie etwas nicht-veganes kochte. Und ich erfuhr, dass in Käse (bzw Milch) eine Art “Suchtstoff” enthalten ist, nämlich Casomorphin. Das hat eigentlich die Funktion, die Kälbchen immer wieder zum Trinken bei der Mutterkuh zu animieren. Ein Wunder der Natur – funktioniert allerdings leider auch bei Menschen, zumindest bei mir. Aber, oh Wunder, auch die Lust auf Käse wurde erträglich, ich fand ein oder zwei akzeptable vegane Käse-Alternativen.

Bleibt die Frage nach der intuitiven Ernährung. In jedem Fall hilft mir die vegane Ernährung enorm, Gewohnheiten in meiner “normalen” Ernährung aufzudecken, die ganz sicher auch nicht “intuitiv” sind, sondern eben genau das – Gewohnheiten:

  • Der automatische Griff in die Süßigkeitenbox nach jeder Mahlzeit – passé, wenn die Auswahl an möglichen Süßigkeiten sich auf Zartbitterschokolade und vegane Gummibärchen beschränkt. Mag ich beides gerne, hab aber viel seltener Appetit darauf als auf den herkömmlichen Süßkram.
  • Beim Kochen fürs Abendessen überkommt mich oft schon mal der kleine Hunger – normalerweise wurde der standardmäßig mit Käse gestillt (falls es das Wort noch nicht gibt, ich bin oder war offenbar ein “Cheese-o-holic”). Jetzt muss ich darüber nachdenken, worauf aus der veganen Spiesepalette ich Appetit habe; das sind dann mal ein paar Nüsse, mal ein Apfel, mal ein Müsliriegel oder eine Scheibe Knäckebrot. Und ja, auch mal Zartbitterschokolade. Käse ist eigentlich nie dabei.
  • Als sich der Rest der Familie am Sonntag genießerisch über die Frühstückseier hermachte, streichelte mich die Mittelmaus liebevoll am Arm und sagte mitleidig: “Das ist jetzt sicher schwer für dich, oder?” Hatte ich auch gedacht. War es aber nicht. Ich hatte tatsächlich in diesem Moment absolut keine Lust auf ein Ei. Hätte aber normalerweise sicher trotzdem eins gegessen, eben weil alle eins essen.

Diese Liste ließe sich noch fortsetzen, aber da ich hier keinen langweilen möchte sei eines festgehalten: eine andere Ernährungsweise auszuprobieren – sei es nun vegan, vegetarisch oder was auch immer – deckt in jedem Fall ganz deutlich auf, wo man bisher nicht nach Bauchgefühl, sondern nach Gewohnheit gegessen hat. Und eröffnet so ganz neue Chancen, dem Bauchgefühl wieder näher zu kommen und darauf zu hören.

In diesem Sinne: lasst es euch schmecken!

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