Öfter mal was neues

Der Mensch ist ja bekanntermaßen ein Gewohnheitstier. Routinierte Abläufe machen uns das Leben oft sehr viel leichter – wer morgens und abends automatisch Zähne putzt, hat den Kopf frei für andere Dinge und wer beim Autofahren ohne großes Nachdenken kuppelt, schaltet und lenkt, ist sprichwörtlich auf der sicheren Seite.

Auch beim Essen haben viele von uns ihre eingeschliffenen Routinen – egal ob es das immer gleiche Müsli am Morgen ist oder die “gewohnte” Uhrzeit für Mittag- und Abendessen. Leider stehen aber genau diese Gewohnheiten oft einer intuitiven Ernährung entgegen – also einer Ernährung, die von innen heraus gesteuert wird durch Hunger, Sättigung, Appetit und Bekömmlichkeit. Wenn wir essen, wenn wir hungrig sind (und nicht, wenn die Uhr es uns vorgibt) und spüren, worauf wir Lust und Appetit haben, ernähren wir uns automatisch so, wie es unserem Körper gut tut.

Kinder sind dafür das beste Beispiel. Je jünger sie sind und je weniger wir sie in ihrem bisherigen Essverhalten beeinflusst haben, umso stärker spüren, was sie brauchen und wann sie hungrig bzw. satt sind. Unsere Minimaus zeigt uns das immer wieder sehr eindrucksvoll: an neun von zehn Tagen ist beispielsweise Joghurt mit Obst ihre Wahl zum Frühstück. Aber mit schöner Regelmäßigkeit verlangt sie stattdessen ein Marmeladen- oder Honigbrot – und zwar häufig dann, wenn sie am Vorabend wenig gegessen hat. Der Körper signalisiert ihr also offensichtlich, dass deshalb jetzt ein Frühstück nötig ist, dass ordentlich sättigt. Und das kann ein Brot eben besser als ein Joghurt.

Ein anderes Beispiel: in den letzten Wochen haben alle unsere Mäuse mit Heißhunger Pfirsiche und Nektarinen verputzt. Unmengen verschwanden innerhalb kürzester Zeit, wir konnten gefühlt nie genug kaufen. Und dann, vor wenigen Tagen, kam plötzlich die Ansage der Minimaus: “Ich mag keinen Pfirsich mehr.” Sättigungspunkt erreicht. Nektarine ging auch nicht, anderes Obst war grade nicht da. Außer Orangen, die ich eigentlich als Zutat für einen Holunderblütensirup eingeplant hatte. Minimaus entdeckte sie – und war kaum zu bremsen. Die eine Orange für den Sirup musste ich fast heimlich beseite schaffen. Und wäre dieser Sirup nicht gewesen – niemals wäre ich auf die Idee gekommen, im Juni Orangen zu kaufen. Offensichtlich konnte Minimaus mit Orangen ihren aktuellen Bedarf aber besser decken als mit Pfirsich und Nektarine.

Es lohnt sich also in punkto Ernährung öfter mal den Mut aufzubringen, unsere eingefahrenen Wege zu verlassen. Das kann bedeuten, dass wir am Wochenende die Essenszeiten flexibler handhaben – nach einem großen Frühstück braucht es vielleicht kein Mittagessen, dafür haben dann aber alle schon am Nachmittag Hunger auf eine richtige Mahlzeit. Oder dass ein hungriges Kind sich ein Obst oder ein Brot nehmen darf, auch wenn es in einer Stunde schon Essen gibt. Vor allem aber lohnt es sich, öfter mal neue Lebensmittel auszuprobieren. Oder neue Rezepte. Tipp: Kinder ab und zu mal zum Einkaufen mitnehmen und gemeinsam schauen, worauf man neugiereig ist. Was klingt spannend, welches Obst riecht lecker? Das kann eine richtige Challenge werden – bei jedem Einkauf (oder einmal im Monat für den Anfang) eine Zutat, die wir noch nicht kennen. Und dann gemeinsam schauen, wie es schmeckt, wer es mag und wer vielleicht nicht.

Genau das habe ich heute selbst mal wieder ausprobiert. Beim letzten Einkauf hatte ich eine Packung Jackfruit mitgenommen – zur Zeit in aller Munde als DIE pflanzliche Fleischalternative schlechthin. Wollte ich gerne mal ausprobieren. Deshalb gab es bei uns heute Quesadillas mit Jackfruit und Gemüse.

Der Blick in die Packung ließ mich erstmal schlucken. Komische braune Brocken in Vakuumfolie. Die große Maus kam vorbei, schaute, zog die Augenbrauen hoch und fragte: “Was ist denn DAS?” Sie blieb, ich packte aus, wir schnupperten (sehr neutraler Geruch) und die Neugier siegte: “Darf ich mal probieren?” Roh und ungewürzt fanden wir die Jackfruit beide eher nicht so lecker, beschlossen aber der Sache noch eine Chance zu geben. Ich würzte und marinierte also die Jackfruit, und der nächste Test fiel schon positiver aus. Die fertigen Quesadillas wurden dann zumindest ein Teilerfolg. Mittelmaus und Minimaus probierten und griffen zur Alternative, der großen Maus, dem Mann und mir hat es vorzüglich gemundet. Natürlich weiß man das nicht vorher. Natürlich hätte es auch komplett in die Hose gehen und keinem schmecken können – hatten wir auch schon. Aber je größer die Bandbreite an Nahrungsmitteln, die wir uns selbst und unseren Kindern zur Verfügung stellen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns dauerhaft ausgewogen und individuell gesund ernähren. In diesem Sinne: lasst es euch schmecken!

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